Jeans als Rettungsweste: 3 Anleitungen für den Ernstfall

Der deutsche Segler Arne Murke lernte Anfang März 2019 seine Jeans auf eine ganz besondere Weise neu kennen – nämlich als Survival-Werkzeug. Der damals 30-jährige Tischler aus Oldenburg hatte geplant, zusammen mit Helge (seinem Zwillingsbruder) die Überführung eines Segelbootes von Neuseeland nach Brasilien durchzuführen.

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass das Boot zu diesem Zeitpunkt nicht für eine solch lange Tour geeignet war. An Bord fehlten Vorräte, Zubehör, Navigationshilfen und zudem schien der allgemeine Zustand des Bootes mangelhaft zu sein.

Als etwa 20 Kilometer vor der neuseeländischen Küste an einem eigentlich sonnigen Tag Sturm aufkam, wurde Arne plötzlich vom Boot gerissen, als eine Welle das Boot traf und das Segel unvermittelt auf die andere Seite schlug. Sein Bruder versuchte ihm eine Rettungsweste vom Boot aus zuzuwerfen, aber das Segelboot fuhr durch den Sturm schnell voran und hatte sich bereits zu weit von ihm entfernt.

Dann habe ich auch nur gesehen wie mein Bruder quasi weitersegelte. Gut, mit dem Segelboot kann man nicht sofort bremsen oder anhalten. Und [er] hat halt noch versucht, mir eine Rettungsweste zuzuwerfen und ein Seil, aber das konnte ich auch schon nicht mehr erreichen.

Arne Murke im Interview mit RTL NORD

Kurz danach gab der Außenbordmotor mit einem Knall seinen Geist auf. In diesem Moment wurde Murke bewusst, dass es sein Bruder höchstwahrscheinlich nicht schaffen würde, ihn aus dem Wasser zu ziehen. Wenn er nicht selbst bald eine Lösung fände, würde er unweigerlich in den Fluten ertrinken. Auch ein geübter Schwimmer wie er würde es nicht schaffen, stundenlang im 18 Grad kalten Wasser des Ozeans gegen Wind und Wellen anzuschwimmen.

Murke bekämpfte die in ihm aufsteigende Panik, indem er sich auf eine ruhige Atmung konzentrierte und damit auch seinen erhöhten Herzschlag beruhigen konnte. Dann kam ihm glücklicherweise die rettende Idee. Er hatte bereits früher in einem Video gesehen, dass man sich mit Hilfe einer zugeknoteten, aufgepumpten Hose aus Seenot retten kann.

Für seine Zwecke wandelte er den dort gezeigten Hosentrick etwas um. Murke atmete zuerst tief ein und zog dann seine Jeans aus und verknotete jedes Hosenbein am unteren Ende, sodass es unten geschlossen war. Dann schlug er mit den Beinen, um nicht unterzugehen, während er gleichzeitig die Jeans mit beiden Händen so über seinen Kopf hielt, dass am Bund eine größtmögliche Öffnung entstand.

Danach bewegte er schwungvoll seine Arme nach vorne und drückte die Jeans so unter Wasser. In der Hose fing sich die Luft, als Murke den Hosenbund oben zusammendrückte und ihn zwischen den Oberschenkeln einklemmte, um die Arme noch frei bewegen zu können. Anschließend schob er die aufgeblasene, mit Wasser vollgesogene Jeans unter sein grünes T-Shirt, um für eine Suchaktion aus der Luft besser sichtbar zu sein.

Das Gefühl ist echt unbeschreiblich. Gerade halt in so einem tosenden Meer und wenn die Wellen über einem Brechen. Und ja, ich hab’ wirklich gedacht, mein Leben ist vorbei. Die finden [mich] nicht mehr, hier draußen.

Da die aufgepumpte Jeans mit der Zeit Luft verlor, musste Murke sie vier- bis fünfmal mit Luft befüllen, um weiter den Auftrieb nutzen zu können. Nach etwa dreieinhalb Stunden im kalten Wasser wurde er endlich von einem Rettungshelikopter gefunden und aus seiner misslichen Lage befreit.

Ein Mitarbeiter des Rettungsdienstes kommentierte die ungewöhnliche Rettungsaktion und meinte, der 30-jährige Oldenburger habe “unglaubliches Glück” gehabt und das ganze sei ihnen wie eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen vorgekommen. Murkes Besonnenheit im Wasser und die Verwendung der Jeans als Rettungsweste wurden lobend hervorgehoben.

Allerdings wies ein Mitglied des örtlichen Gemeinderats gegenüber der neuseeländischen Zeitung “Gisborne Herald” darauf hin, dass Arne und Helge Murke ihr Boot für eine so lange Fahrt vorher mit allen notwendigen Vorräten und Navigationshilfen hätten ausstatten müssen und dass das Segelboot technisch nicht im besten Zustand gewesen sei.

Anleitung für die Jeans als Rettungsweste

Wenn Sie tatsächlich in die Situation kommen, ohne Rettungsweste über Bord zu gehen und sich im offenen Meer, in einem größeren See oder breiten Fluss befinden und keine Möglichkeit haben, das Ufer schwimmend zu erreichen, sollten Sie die folgenden Überlebenstipps der Navy Seals kennen.

Sie tragen am liebsten Jeans oder lange, geschlossene Hosen? Prima, Ihre Hose kann Ihnen dabei helfen, im Wasser oben zu bleiben und mehrere Minuten bis zu Stunden zu überbrücken, bis dann hoffentlich das Rettungsteam eintrifft.

Atmung kontrollieren und Panik vermeiden

4-4-4-4-Atemtechnik

Das Wichtigste zuerst: Verfallen Sie nicht in Panik! Atmen Sie ruhig ein und aus, um den ersten Schock zu überwinden. Eine Atemtechnik, die sich bewährt hat und die auch bei den Navy-Seals angewandt wird, ist die 4-4-4-4-Atemtechnik:

  • 4 Sekunden einatmen
  • 4 Sekunden Atem halten
  • 4 Sekunden ausatmen
  • 4 Sekunden Atem halten

Probieren Sie es einfach einmal aus und wiederholen Sie die Atmung so lange, bis Sie merken, dass Sie ruhiger werden.

Und falls Sie dazu in der Lage sind: Atmen Sie in Ihr T-Shirt aus. Auf diese Weise wärmen Sie Ihren Körper. Zwar hilft es nicht viel, aber im Ernstfall ist jede noch so kleine Hilfe wichtig.

Jeans als Rettungsweste: So gehen Sie vor

Als erstes müssen Sie Ihre Jeans unter Wasser ausziehen. Dies ist nicht ganz einfach, weil sich das Kleidungsstück rasch mit Wasser vollsaugt und dann regelrecht an den Beinen klebt. Während Sie Ihre Hose Schritt für Schritt ausziehen, müssen Sie weiter Schwimmbewegungen machen, um nicht unterzugehen. Bewahren Sie Ruhe und kontrollieren Sie Ihre Atmung.

Hosenbeine miteinander verknoten

Nun verknoten Sie die beiden Hosenbeine ganz unten miteinander, am besten mit einem festen Doppelknoten, sodass hier später keine Luft entweichen kann. Schließen Sie außerdem am Hosenschlitz den Reißverschluss und stellen Sie sicher, dass der Hosenstall nach unten schaut. Das Hinterteil ihrer Hose sollte ihnen quasi immer ins Gesicht blicken.

Wichtig: Verknoten Sie die Hosenbeine miteinander. Auf diese Weise können Sie später die Hosenbeine über Ihren Kopf ziehen, wodurch eine Art Kragen durch die Hosenbeine entsteht, der Ihren Kopf über Wasser halten kann.

Hose mit Luft befüllen

Nun befüllen Sie die Jeans mit Luft. Sie können dafür aus drei verschiedenen Möglichkeiten wählen. Bei allen drei Aufpump-Varianten müssen Sie nach dem Befüllen die Hose am Bund zuverlässig zusammengedrückt halten, damit keine Luft austreten kann.

A) Sie fassen die Hose am Bund und halten sie hinter Ihrem Rücken fest.

Jetzt ziehen Sie die Jeans ruckartig schnell nach vorne über den Kopf bis unter die Wasseroberfläche. Dadurch bläht sich die nasse Hose mit Luft auf.

B) Für diese Variante benötigen Sie etwas mehr Zeit zum Aufpumpen.

Sie fassen die Hose am Bund mit einer Hand und strecken die Hand mit ausgestrecktem Arm vor Ihren Oberkörper ins Wasser. Mit Ihrer anderen Hand schlagen Sie nun flach und in kurzen Abständen ins Wasser hinein, in Richtung Hosenöffnung. Auf diese Weise gelangt langsam Luft in die Hosenbeine.

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c) Die dritte Möglichkeit eignet sich ausschließlich für sehr gute Schwimmer mit ausreichenden Kraftreserven.

Die Hose wird von Ihnen mit dem Bund nach unten unter der Wasseroberfläche festgehalten. Nun holen Sie tief Luft, tauchen unter die Jeans und pusten die eingeatmete Luft von unten in die Hose. Dies wiederholen Sie so lange, bis die Hose wunschgemäß aufgepustet ist.

Anschließend müssen Sie die improvisierte Schwimmweste noch anziehen. Dabei bleibt der Hosenbund unter Wasser und wird von einer Hand zusammengedrückt. Idealerweise befindet sich der Hosenschlitz dabei tiefer im Wasser und die zusammengeknoteten Hosenbeine weiter oben.

Nun tauchen Sie mit Ihrem Kopf unter Wasser und stecken Sie ihn zwischen den beiden Hosenbeinen hindurch. Dabei befindet sich der Doppelknoten in Ihrem Nacken. Die aufgepumpten Hosenbeine befinden sich über den Schultern und Ihrem Oberkörper.

Ihre “Jeans als Rettungsweste” ist fertig. Es ist sinnvoll, während Sie im Wasser treiben und auf Rettung warten, die Beine anzuwinkeln und Ihr Gewicht nach hinten zu verlagern. Falls bei Ihrer improvisierten Rettungsweste Luft entweichen sollte, füllen Sie einfach erneut Luft nach.

Im Ernstfall lieber eine echte Rettungsweste

Es ist für Sie sicherlich interessant und für Notfälle sinnvoll, Tipps und Tricks zu kennen, wie man sich behelfsmäßig im Meer über Wasser halten kann, bis die Rettung naht.

Allerdings sollte man sich nicht ausschließlich darauf verlassen, notfalls mit einer aufgepumpten Jeans im Wasser längere Zeit an der Wasseroberfläche zu treiben. Eine klassische Rettungsweste hat gegenüber dem “Hosen-Trick” immer noch einige Vorteile.

Eine Jeans im Wasser zu einem Überlebensinstrument umzufunktionieren erfordert etwas Übung, Geschick und Überlegung. Und das unter oftmals widrigen äußeren Bedingungen, wie zum Beispiel hohem Seegang, Wind und Kälte. Gerade Kinder, ältere Personen oder alle Menschen, die völlig unerwartet mit dem unfreiwilligen “über Bord gehen” konfrontiert werden, geraten damit in eine panische Notsituation.

Dann fällt es schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren, sich im Wasser die eigene Hose auszuziehen und diese entsprechend der Überlebenstipps aufzupumpen. Viele im Wasser treibende Personen haben genug damit zu tun, mit den immer wieder heranrollenden Wellen zurechtzukommen und sind psychisch oder physisch nicht in der Lage, den “Hosen-Trick” anzuwenden. Die bekannte Schock-Starre tritt ein.

Deshalb ist für alle Menschen an Bord eines Schiffes oder Segelbootes eine Rettungsweste das bevorzugte Mittel der Wahl. Dies gilt besonders für Segelboote oder kleinere Boote, die durch die Wellen besonders starken Schwankungen ausgesetzt sind oder die nicht ausreichend gegen das Herausstürzen von Passagieren gesichert werden können.

Es ist recht einfach, eine Rettungsweste korrekt anzuziehen. Im Zweifelsfall kann man auch weitere Mitreisende oder Crewmitglieder um Hilfe bitten oder Hinweise zum korrekten Anziehen und Verschließen auf Infotafeln an Bord oder aufgedruckt auf der Weste nachlesen.

Eine typische Rettungsweste kann von Personen unterschiedlicher Körpergröße getragen werden. Es gibt auch spezielle Rettungswesten für Kinder. Falls diese an Bord vorhanden sind, sollten sie präventiv angelegt werden, um Kinder, bei einem Sturz ins Wasser vor dem Ertrinken zu schützen. Viele Kinder können noch nicht ausreichend gut schwimmen oder neigen dazu, sich auf einem Schiff durch leichtsinniges Verhalten selbst in Gefahr zu bringen.

Eine Rettungsweste hält die Person, die sie trägt zuverlässig an der Wasseroberfläche und kann meist auch von weitem gut gesehen werden, besonders wenn sie mit Signalfarben und/oder Reflektoren ausgestattet ist. Viele Rettungswesten haben sogar integrierte Trillerpfeifen, sodass Sie im Notfall auch ein akustisches Signal abgeben können, das beispielsweise in die Nähe kommende Schiffe und ihre Besatzung hören könnten.

Optische und akustische Signalfunktionen erhöhen Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Rettung. Im Vergleich zur Rettungsweste ist die typische Jeans meist blau oder schwarz und bildet kaum einen sichtbaren Kontrast zur Wasseroberfläche und kann leichter übersehen werden.

Zusätzlich bietet eine Feststoffrettungsweste auch noch einen gewissen Schutz gegen die Kälte des Wassers, durch die am Körper fest-anliegenden, kälte-isolierenden Elemente.

Weitere Informationen zu Rettungswesten finden Sie hier!

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Moritz Sailmakers | Moritzsail.com